GASTVORTRAG – «GUESTWORKERS IN THE HIGH ALPINE REGION OF SWITZERLAND» – RUNE FRANDSEN

1945 veröffentlichte das Nationale Amt für Wasserwirtschaft der Schweiz eine Studie, in der die verbleibenden Möglichkeiten für die Wasserkraftnutzung im Einzugsgebiet der Rhône im Wallis aufgelistet waren. Sie löste eine massive Kampagne zum Bau von Staudämmen in dieser Gebirgsregion aus, die in den folgenden drei Jahrzehnten andauern sollte. Der größte Teil dieser Wasserkraftinfrastruktur liegt abgelegen und unterirdisch, was bedeutet, dass sie weniger sichtbar ist und daher in den Darstellungen des Alpenraums nicht vorkommt. Die Unsichtbarkeit verdrängt auch die Tausenden von Arbeitern, die für den Bau beschäftigt sind, aus dem Blickfeld. Der Vortrag konzentriert sich auf eine Fallstudie, die Bauzeit der Grande-Dixence (1950-1965), und dokumentiert die so genannte sekundäre Infrastruktur, d.h. die gesamte Infrastruktur, die für den Bau dieses (primären) Wasserkraftwerks erforderlich ist. Dazu gehören die Verkehrswege für den Materialtransport mit ihren Straßen, Tunneln, Brücken und Seilbahnen, die Arbeiter, die den Staudamm errichten und die Tunnel graben, die Netze für die Beschaffung dieser Arbeitskräfte und die provisorischen Siedlungen, in denen die Arbeiter untergebracht waren.

Die Untersuchung der Unterbringung der Arbeiter, ihrer Arbeitszeiten und Löhne sowie der in den provisorischen Siedlungen erbrachten Dienstleistungen zeigt, dass der durch diese sekundäre Infrastruktur geschaffene Raum ein Raum der Disziplin war. Das Projekt der Umgestaltung der alpinen Landschaften für die Ressourcengewinnung war mit einem Prozess der Reglementierung des Geistes und des Körpers der Arbeiter verwoben. Zweitens zeigt das Porträt der Bevölkerung, auf die sich diese Bauten stützten – ein großer Anteil italienischer „Gastarbeiter“ -, und die Baudetails der Baracken, in denen diese Arbeiter untergebracht waren, dass diese Baustellen nicht nur vorübergehend waren, sondern mobil. Dies bietet wichtige Anreize für eine Neukonzeption des Verhältnisses der Bauindustrie zur Arbeit, bei der die Vergänglichkeit allzu oft zur Legitimierung schlechter Lebensbedingungen herangezogen wird.